Carsten, Heiner und Stephan am Ziel Ihrer Pilgerwanderung
Gestern Morgen erreichten wir früh gegen 11:30 Uhr die Kathedrale in Santiago de Compostela und haben unseren Camino de Santiago damit nach 738 Kilometern zu einem guten Abschluss geführt.
Carsten und ich fliegen bereits morgen nach Deutschland zurück. Stephans Flugzeug hebt hingegen erst eine Woche später ab. Er wird noch bis zum Atlantik pilgern und wir beneiden ihn deshalb ein klein wenig.
XXL-Kirchenglocken 🔔
Gleichwohl ich nicht als überaus eifriger Kirchengänger bekannt bin, war der Besuch der gestrigen Pilgermesse nach unserer Ankunft um 12:00 mittags der emotionale Höhepunkt der Pilgerreise. Die Gesänge der am Altar befindlichen Ordensschwester waren tief bewegend. Stimmlich eine Mischung aus Enya und Sinéad O’Connor („Nothing compares to you“) in einer etwas anderen musikalischen Verpackung und selbstredend in Ordenskleidung.
Heute laufen wir, zum Teil frisch geschoren, bereits wie Touristen durch eine stolze Stadt, die uns viel besser als Burgos und Leon gefällt. In den nächsten Stunden heißt es Abschied nehmen von Pilgerfreunden. Wir „Drei“ werden sicherlich ein wenig mehr Probleme damit haben, da wir doch so viele gemeinsame Stunden auf dem Camino Francés verbracht und dabei unsere unterschiedlichsten Sorgen und Nöte „geteilt“ haben.
Drei Pilgerfreunde am Monte do Gozo
Der Jakobsweg hat mir zeitgleich große Freude, Schmerzen, Leid, Trauer und Abschiede bereitet und Pilgerfreundschaften geschenkt.
Irgendwie vergleichbar mit dem Leben weit weg von den Pilgeretappen nach Santiago, nur wesentlich authentischer und intensiver. Eine wertvolle Erfahrung, die mich gelehrt hat, gewisse Dinge und Wege in meinem Leben ein wenig gelassener zu sehen und mich dabei auf das Wesentliche zu konzentrieren. Zum großen Glück braucht man sicherlich keinen Reichtum und protzige Statussymbole. Die Wochen in Bescheidenheit haben mir so viel mehr bedeutet, als alle bisher in meinem Leben verbrachten Urlaube. Abschied nehmen vom Camino als Fußpilger tut im wahrsten Sinne des Wortes weh. Ich werde mit dem festen Vorhaben nach Hause fliegen, eines Tages wieder die Kathedrale in Santiago de Compostela zum Ende einer Pilgerwanderung betreten zu wollen.
Kathedrale Santiago de Compostela am Tag nach unserer Ankunft
Bis dahin verbleibe ich mit einem freundlichen „Bon Camino“ und grüße damit insbeondere auch meine Pilgerfreunde Carsten und Stephan, die gemeinsam so viel dazu beigetragen haben, dass der Camino de Santiago immer einen festen Platz in meinem Herzen haben wird.
Santiago de Compostela, den 27.06.2008
Der Caminopilger
Die Fotos des Tages:
Die letzten Eukalyptusbäume vor Santiago!Hinweisschild SANTIA GO!auf dem Berg Monte do GozoStadtgrenze Santiago de Compostela ist endlich erreichtYES!Stephan eilt in Richtung KathedraleBelohnungsbier unmittelbar nach Erreichen unseres ZielsKathedrale am Abendstimmungsvolles SantiagoStephan und Heiner beim lila Barbier!Pilger-Trio nach dem Friseurbesuch 🙈Begrüßung von bekannten Mitpilgernwunderschönes historisches Santiago de Compostelafrisch geschorener Caminopilgerrandvoller Pilgerausweis nach 29 Tagen auf dem Camino FrancésCompostela für Henricum!
Da sitze ich nun „müde und abgekämpft“ auf der Treppe der Albergue Porta de Santiago in der Avenida de Lugo in O Pedrouzo (La Coruña) und tausend Gedanken gehen mir durch den Kopf. Einerseits bin ich froh, dass der Camino Francés in noch nicht mal 20 km „zu Ende gegangen ist“, andererseits ist mir klar, dass ich den Jakobsweg und meine Pilgerfreunde Carsten und Stephan schon sehr bald vermissen werde. Ein herrliches Durcheinander in meiner Gefühlswelt, das meine private Situation derzeit noch nicht einmal ansatzweise dabei berührt … .
Im Hier und Jetzt zählt nur das Ankommen in Santiago de Compostela am morgigen Tag. Ich bin sehr gespannt, wie ich, emotional betrachtet, mit der Situation umgehen werde, nach fast einem Monat auf dem Camino de Santiago den Stecker zu ziehen und die „Pilgertracht“ ablegen zu müssen. Der Alltag in der Heimat ruft und das Flugzeug ist bereits bestellt um mich wieder an den Niederrhein zu bringen.
Gefangen in meiner ganzen Gefühlsduselei konnte ich heute auf der 34 Kilometer langen Tagesetappe nach O Pedrouzo leider erneut nicht den fotografischen Ehrgeiz in mir wecken.
Eukalyptuswälder vor O Pedrouzo, leichte Bewölkung am Himmel
Der Morgen war dunkel in den Eukalyptuswäldern hinter Melide und der Himmel später am Tag zumeist bedeckt. Wir haben die heutige Strecke mehr oder weniger „abgespult“ und waren froh, die Etappe so gut überstanden zu haben. Carstens silberne Moonraker-Stiefel haben gehalten und werden für unser morgiges Pilgerfinale mit dem bekannten Panzerband noch einmal für die letzten Kilometer verstärkt.
Wir werden gemeinsam den Weg zu Ende gehen und das allein ist für mich eine unfassbar schöne Geschichte. Was heißt hier schon Geschichte? Lasst es mich viel lieber ein großes Glück in meinem jungen Pilgerleben nennen.
Ich verspreche hoch und heilig, morgen am Tag wieder häufiger den Auslöseknopf meiner Digicam zu betätigen, damit der hoffentlich stimmungsvolle und freudige letzte Tag auf dem Camino Francés für alle Zeiten digital festgehalten ist. Wobei auch dies muß ich im nun folgenden Satz etwas relativieren. Übervolle Speicherkarten mit hunderten schönen Fotos können nicht annähernd das „Erlebte“ auf dem Camino de Santiago ersetzen, das Gespräch, das Gefühl, die Gedanken und schlichtweg den Pilgermoment!
Ultreia aus O Pedrouzo
Caminopilger Heiner
Wald hinter Melide am Morgenmit gelbem PfeilPilgergedächtnistafel am WaldrandBananenstauden am Haus19,5 km vor Santiago de CompostelaEucalyptusbäume in ihrer ganzen PrachtGetrocknete Eukalyptusblätter vom Camino Francés 2008
Heute mussten wir den Preis für unsere zeitweise „Bummelei“ auf dem Camino de Santiago bezahlen. Um irgendwie den ehrgeizig gesteckten Zeitplan für unsere Ankunft in Santiago de Compostela noch einhalten zu können, haben wir uns heute zu einer wirklich langen Etappe von 36 km durchringen können. Sehr früh am Morgen starteten wir in der Dunkelheit und liefen anschließend gut zehn Stunden auf dem Jakobsweg. In Melide angekommen freuten wir uns sehr auf das belohnende Essen nach der Kraftanstrengung und hatten am späten Nachmittag leider wieder einmal die Rechnung ohne die galicischen Wirte gemacht. Vor 19:00 Uhr gab es einfach keine Möglichkeit unser wohlverdientes Essen zu bestellen. Ersatzweise gab es bis dahin für uns zur Überbrückung wohlschmeckende Kaltgetränke aus spanischen Brauereien, die den, am Tag während der Pilgerwanderung erlittenen, Flüssigkeitsverlust mehr als ausglichen. Carsten und ich nahmen das ganze mit Galgenhumor, konzentrierten uns dabei auf die natürlichen und kraftschenkenden Bestandteile (Malz, Hopfen und Hefe) im Gerstensaft und dachten weniger an den ebenfalls im Lagerbier enthaltenen Alkohol … .
Eine gute Routenplanung ist das halbe Pilgerleben! Carsten und Heiner (Stephan war unbeteiligt) warteten am Outdoor-Stammtisch eines gastronomischen Betriebes in Melide auf die Bestellung ihres Essens …
Die heute bei unserem nachmittäglichen Pilgerlager entstandenen Bilder bitten wir im Nachhinein zu entschuldigen, möchten aber betonen dürfen, dass diese Tage auch mal zu einem Weg gehören, der den pilgernden Menschen soviel Entbehrung und Anstrengung abverlangt.
Unser Alibi des Tages:Wer Bier trinkt lebt hundert Jahre. (Sprichwort aus Italien)
Eine besondere Schönheit des Tages wollen wir an dieser Stelle einmal hervorheben.
Ein Fohlen, nicht aus der Elf vom Niederrhein, sondern aus Galicien
Das junge Fohlen auf der Weide eroberte heute im Nu unsere Pilgerherzen und ließ sich bereitwillig von uns ablichten.
Ab sofort gilt unsere ganze Konzentration dem morgigen vorletzten Tag auf dem Camino Francés.
Unser Navigator Carsten hat uns erneut eine 35 km+ Etappe ins Pilgerheft geschrieben … .
Hola aus Melide
Die Bilder des Tages:
Wer lässt denn seine Schuhe schon vor Santiago am Pilgerstein stehen?Selfie im Jahr 2008 😉Radpilger und BlumenBlumen erfreuen alle Pilger galicischer Speicherblütenverzierte Mauer auf dem Camino FrancésMAGDALENA nur noch 55,5 km nach Santiago de CompostelaNatur purdas Pferd zum …Fohlen!galicisches Mädchen mit Hund in den Gassen von MelideGlücklicherweise kam unser Ensalada Mixta doch noch auf den Outdoor-Tischgut gesättigt ging es anschließend wohlbehalten…zum Garcia Supermercado, die Verpflegung für den morgigen Tag sicherstellen …
Tiere auf dem Camino, als ob die Arche Noah am Galicischen Meer gestrandet wäre!
In Galicien hat sich etwas geändert … .
Wir haben leider den Farbton „Himmelblau“ gegen ein bewölktes „Grau“ am Himmel getauscht.
Der angekündigte Nebel hat sich bisher in Galicien glücklicherweise noch nicht so häufig gezeigt, dafür bevölkerten am Morgen aber unzählige Kühe, Schafe und Ziegen unseren Weg nach Portomarín. Das Laufen auf Asphalt durch die zahlreichen „Kuhdörfer“ in Galicien empfinden wir nach all den schönen und naturbelassenen Wegen der vergangenen Tage als deutlich ermüdender.
Um eine Pilgerurkunde als Fußpilger in Santiago de Compostela in Empfang nehmen zu dürfen, muss man mindestens 100 km auf dem Jakobsweg gehen. Wir erreichten heute den „ominösen“ 100 km Grenzstein kurz vor Morgade (Sarria) auf dem Camino Francés in Galizien.
Carsten, Stephan und Heiner beim Erreichen des „ominösen“ 100 km „Grenzsteins“ in Galicien. Erkennt man da etwa eine gewisse Pilgermüdigkeit?
Warum ist diese Stelle auf dem Camino eigentlich so „ominös, zweifelhaft oder auch mit einem befürchteten negativen Aspekt behaftet“?
Die Erklärung dafür ist, dass mit Erreichen der 100 Km Wegmarkierung aus der überschaubaren Pilgeranzahl schlagartig ganze „Pilgerschwärme“ werden, die schon sehr früh am Nachmittag in Scharen an den Herbergstüren in Richtung Santiago de Compostela stundenlang auf den Einlass warten.
Man merkt doch deutlich, dass die letzten 100 Kilometer des Camino Francés überwiegend von Kurzzeit-Pilgern und Schülern bestimmt sind. Diese scheinen sich für die begehrte Compostela und auch fürs tägliche menschliche „Geschäft“ nicht wirklich Zeit nehmen zu wollen und verrichten dies zum Leidwesen der anderen Pilger häufig unmittelbar am Camino. Unbelievable, but true!
Auch das sonstige Umweltverhalten der „Fast-Food-Pilger“ lässt auf dem letzten Teil des Caminos offensichtlich sehr zu wünschen übrig. Bis zur 100 km Markierung war so gut wie kein Abfall entlang der Strecke zu sehen. Heute lagen in der zweiten Tageshälfte bereits Plastikflaschen und anderer Abfall zuhauf am Wegesrand.
Vielleicht möchten wir auch wirklich nur noch unseren Weg zum Abschluss bringen und sind in der abschließenden Phase unseres Caminos eine Spur zu kritisch mit den ungeliebten Kurzzeitpilgern.
Stephan und Carsten als Asphaltläufer
Übernachten werden wir heute in der Albergue de peregrinos, Ventas de Narón.
Buenas noches desde Portomarin
Die Bilder des Tages:
Hier stellt sich eindeutig die Frage, wer in den Kuhdörfern Galiciens „Vorfahrt“ hat?Die Frage wäre hiermit geklärt … Carsten schlägt sich durch das Grüne 🙂Carsten checkt die AusrüstungMoosverkleideter Camino FrancésÜber diese Treppe gelangt man unmittelbar in das Zentrum von PortomarinCarsten und Stephan auf der Treppe, im Hintergrund die Brücke über den zum See aufgestauten Rio MiñoKirche San Juan PortomarinEinkaufsgassen in Portomarin-CityPilger unterstützende Waren en masse in Portomarin (leicht verschwommen)Bono Albergue hat Nullkommanix mit Bono (U2) zu tun!
Die heutige Etappe führte uns bei nahezu makellosem Wetter wieder durch saftiges galicisches Grün, Wälder, Hügel und Wiesen. Es war (mit einer 🥾 Ausnahme) ein rundum schöner Pilgertag für uns auf dem Camino Francés.
Es gibt allerdings Neuigkeiten in Sachen Schuhreparaturen zu vermelden!
Mit Mühe und Not erreichte Carsten die 107 km vor Santiago de Compostela gelegene Herberge „La Casa de Carmen“ in Santiago de Barbadelo (kurz: Barbadelo).
LA CASA DE CARMEN, BARBADELO
Carstens am Vortag mit Leukoplast geflickter Wanderstiefel hielt heute mithin nur wenige Kilometer problemlos, verlangte am Ende der Etappe zwangsläufig eine weitere umfassende „Instandsetzungsmaßnahme“.
Silbernes gewebebandverstärktes „Panzertape“ wurde großflächig um beide Schuhsohlen der Wanderschuhe gewickelt und soll, der Werbung nach zu urteilen, „speziell auf die enorm hohen Anforderungen im Outdoor-Einsatz konzipiert sein und dabei über eine sehr gute Reißfestigkeit in Quer- und auch Längsrichtung verfügen“. Aha!
Teambildendes Reparieren der Wanderschuhe Teil 2
Wer’s glaubt wird selig … .
Daumendrücken allerorts wird hoffentlich weiterhin hilfreich sein, damit wir Drei in vier Tagen heil in Santiago de Compostela ankommen!
Hola aus der Provinz Lugo in Galicien
Die Bilder des Tages:
Die Wege auf dem …… Camino FrancésPilgerkunst an den verkalkten WändenUnfassbar alter Baum in GaliciaCaminopilger bei der barocken Wäsche des TagesDie Schuhe der Caminopilger bei der täglichen Lüftung, unten rechts Carstens versilberte „Moonraker-Stiefel“
Carsten, Stephan und Heiner am Pilgerdenkmal Alto de San Roque auf 1.270 Meter Höhe
Zu Beginn des heutigen Tages meisterten wir den kurzen, aber sehr fordernden Anstieg auf 1.300 Metern Höhe über dem Meeresspiegel nach O Cebreiro.
Von dort ging es dann dankenswerterweise wieder bergab und das nahezu gänzlich bis zum auf 660 Metern Höhe gelegenen Tagesziel Triacastela.
Mit der autonomen spanischen Gemeinschaft „Galicien“ haben wir einen wirklichen Meilenstein auf unserem Camino Frances erreicht. Die Hauptstadt von Galicien, Santiago de Compostela, dürfen wir mit ihrer ganzen Schönheit dann hoffentlich schon in fünf Tagen am Ziel unserer langen Pilgerwanderung bewundern.
Grenzstein Galizien
Triacastela hat mit seinen 600 Einwohner als „Hauptattraktion“ die Jakobskirche und das Pilgerdenkmal auf der Plaza do Concello anzubieten.
Insgesamt betrachtet darf man die heutige Etappe mit ihren 26 Tageskilometern über Alto San Roque zur „Albergue del Refugio del Oribio“, nach unseren bisherigen Erfahrungen, als „normal bis mittelschwer“ bezeichnen.
Nach 3 1/2 Wochen auf dem Camino de Santiago kehrt bei uns derzeit leider ein gewisser Pilgeralltag und damit verbunden ein „zurückhaltender“ Umgang mit der Schönheit des Weges und dem fotografischen Festhalten der Pilgermomente ein. Am Ende des Tages hatte ich nicht mal 15 neue Fotos auf der Speicherkarte meiner Digicam, gleichwohl es die Etappe verdient hätte, umfangreicher von mir dokumentiert zu werden. Vielleicht lag es ja auch „nur“ an dem Kraftakt des frühen Aufstiegs, der sehr deutlich eine Konzentration auf die körperliche Belastung und die umsichtigen Schritte auf dem Geröll einforderte.
Leukoplast wurde uns vom örtlichen Schuster zum Flicken verordnet!
Nach so vielen Wochen ohne Ruhetag auf dem Jakobsweg lässt die Lust aufs tägliche „Pilgern“ mitunter nach. Neben dem Kräfteverschleiß macht sich zwischenzeitlich auch ein gewisser Materialverschleiß bemerkbar. Die Sohle von Carstens linkem Schuh hat den Hitzewellen der letzten Tage nicht Stand gehalten und verabschiedet sich, nach über 600 auf dem Camino Francés gelaufenen Kilometern, vom gegerbten Leder. Anstatt Spezialkleber, muss die letzten Tage „Leukoplast“ den „australienerprobten“ Stiefel notdürftig zusammenhalten.
Mal schauen, wie lange die rustikalen Boots ihre Dienste noch auf dem Camino verrichten können … .
Keep your fingers crossed!
Hola aus Triacastela
Die wenigen Bilder des Tages:
Aufstieg nach O`Cebreiro (1.300 Meter Höhe)wunderschöne hügelige Landschaftwelch großartiges Panorama inklusive der NebelbänkeCarsten geht voranCaminopilger Heiner schleicht hinterher!Hunde auf dem Camino …… die hier und da einfach mal gestreichelt werden wollen!
Mit La Faba erreichten wir auf 920 Metern über dem Meeresspiegel das letzte vor der Passhöhe Cebreiro gelegene Dorf.
Wir übernachten in der „Albergue de peregrinos parroquial de La Faba“ mithin letztmalig in der Provinz León, bevor wir morgen schon recht bald am Tag galicischen Boden unter den Pilgerfüßen haben werden.
Beschilderung Refugio Peregrinos, wir haben bald schon das Tagesziel erreicht!
Auch heute bestimmte eine wunderbare Landschaft bei besten frühsommerlichen Temperaturen unsere Pilgerwanderung.
ländliche Idylle auf dem Camino Francés
Es wird übrigens von Tag zu Tag „ländlicher“ auf dem Camino Francés je näher wir der Provinz „A Coruña“ kommen.
Beim Anblick meines Pilgerausweises war ich am Nachmittag nach der wohltuenden Körperpflege überaus irritiert über den heutigen Pilgerstempel der Herberge.
mystischer Stempelabdruck
Da standen doch tatsächlich folgende, meiner groben sprachlichen Zuordnung entfernt der altdeutschen Sprache zuzuordnenden, Wortansammlungen:
Zitat: „do leidt vil manches bidermans kyndt, aus teutschem landt begraben.“
Um Himmels Willen! Was sollte das nur bedeuten?
Ich sprach den „Herbergsvater“ direkt auf dieses Mysterium an und erhielt von diesem ein verschmitztes Grinsen als Antwort. Auf meine erneute Nachfrage hin erklärte mir dieser, dass die von uns für die heutige Übernachtung auserkorene Pilgerherberge vom „Verein zur Förderung der mittelalterlichen Pilgerwege Vltreia“ aus Stuttgart errichtet und bei der Fertigung des Stempels der Text einem mittelalterlichen Pilgerlied über La Faba entnommen wurde.
Solche Geschichten gibt es wohl auch nur auf dem Camino de Santiago.
Paulo Coelho hätte sicherlich seine helle Freude an der mittelalterlichen Story vom Camino Francés… .
Ultreia aus La Faba!
Die Bilder des Tages:
Tagesbeginn von Villafranca del Bierzo am Rio Burbia startendNatur pur, Pilgerherz was willst du mehr?steiniger Aufstieg vom Caminopilger mineralwasserunterstütztBurg auf dem Weg nach La Fabaunberührte Camino-LandschaftAlbergue de peregrinos parroquial de La FabaHund und HuhnHund und HühnerGesunde Bäume und schöne Berge bestimmen die LandschaftCarsten und Stephan planen beim nachmittäglichen galicischen Bier die nächsten Etappen
29.05.08 06:05 Uhr Die erste Nacht im Refugio ist überstanden. Von Pilgerromantik leider keine Spur. Gegen 21:00 Uhr hatten Carsten aus Hannover und ich die Casa Paderborn erreicht. Gleichwohl wir lediglich 30 Minuten durch Pamplona liefen waren wir bis auf die Haut tropfnass. Der Weg vom Busbahnhof bis zur Herberge reichte dafür leider aus! Etwas zu essen bekamen wir im nahe gelegenen Schwimmbadrestaurant leider auch nicht mehr. Da die Türen der Pilgerherberge bereits um 22:00 Uhr schließen, blieb lediglich Zeit für ein erstes spanisches Bier und eine kleine Tüte Lacy Chips.
Wir schliefen danach hungrig im Etagenbett eines mit 4 Pilgern belegten kleinen Zimmers mit dem Raummaß von 3×3 Metern. Willkommen im wahren Pilgerleben!
Pilgerbett obere Etage
Saunagefühle pur für sympathische fünf Euro. Der Schnapper schlechthin! Leider schnarchten 50 Prozent der anwesenden Fußpilger. Ohne Ohrenstöpsel wäre ich wohl nicht durch die Nacht gekommen! Überhaupt herrschen hier in den Herbergen strenge Gesetze: 06:00 Uhr Wecken, danach Frühstück zum Pilgerpreis von 2 Euro und anschließendem Rausschmiss aus der Herberge gegen spätestens 8:00 Uhr. Fehlt nur noch der Frühsport! Hoffentlich bleiben wir heute vom spanischen Dauerregen verschont.
Carsten beim ersten Pilgerfrühstück
29.05.08 16:45 Uhr Mein „Credencial del Peregrino“ / Pilgerausweis hat schon wieder einen neuen Stempelabdruck!
Carsten und ich sind im Refugio P.P. Reparadores in Puente La Reina (Navarra) gelandet. 27,5 km anstrengende Tageskilometer liegen hinter uns und haben mir verdeutlicht, dass die Trainingskilometer auf dem platten Land, sprich in der Heimat am Niederrhein, absolut kein Maßstab sind. Die Passhöhe Puerto del Perdon liegt beispielsweise auf 780 Meter Höhe. Eine 6 1/2 stündige Wanderung ist zu Beginn der Pilgerreise doch ganz anständig, oder?
auf dem Weg nach Puente la Reina
Zur Belohnung stand anschließend die Körperpflege und das Wäschewaschen auf dem Programm. Das angebotene Pilgermenue war mit 8,90 Euro erneut erschwinglich und durchaus schmackhaft.
Nebenbei bemerkt habe ich auf der heutigen Tagesetappe nahezu vier Liter Wasser getrunken.
Das Wetter war mit sonnigen 22 Grad überraschend angenehm. Morgen soll laut Wettervorhersage reichlich Wasser von oben kommen. Was solls! Dann streif ich einfach meine Plastiktextilien (Aldi preist diese als „Funktions-Regenbekleidung aus hochwertigem Tectex-Material“ an) über.
Buen Camino aus Puente la Reina
Die Bilder des Tages:
Der Beginn meiner ersten Pilgerreise am Bahnhof KaldenkirchenDier ersten Schritte von der Casa Paderborn auf den Camino de SantiagoPamplonagleich sind wir endlich aus der Stadt raus!CarstenHeinertypische Landschaftnur noch 747 kmdas erste Tagesziel ist erreicht – Puente la Reina
Die Stiefel aus dem Jahr 2008 – LOWA Trekker UK 10,5
Nun laufe ich ja seit etlichen Jahren auf den diversen Jakobswegen in Spanien, Portugal, Deutschland, Luxemburg und Frankreich. Rund 4.250 km als Fußpilger stehen da bis heute (Stand: August 2022) zu buche. Leider habe ich meinen ersten Jakobsweg im Jahr 2008 noch nicht über diesen wordpress-Blog dokumentiert. Dies möchte ich in den nächsten Tagen und Wochen nachholen. Ich werde die Zeitmaschine anschmeißen, ins Jahr 2008 reisen und die Beiträge Tag für Tag in diesen Blog einpflegen. Die rund 740 km auf dem Camino Frances von Pamplona nach Santiago de Compostela werden mithin in ein paar Wochen auch Bestandteil dieses Blogs sein.
Die letzte Etappe meiner ganz persönlichen Tour de France in diesem Jahr liegt nun schon zwei Tage zurück. Während die Radprofis der einzig wahren „Tour de France“ heute noch mal in Richtung der Champs-Élysées mit dem Ziel des l’Arc de Triomphe in Paris in die Pedale treten, habe ich meine sieben Sachen heute Morgen in Trier gepackt und sitze derzeit im Zug, der mich umweltfreundlich in meine niederrheinische Heimat befördert.
Übrigens gibt es bei einer Pilgerwanderung, anders als bei den gedopten Radrennfahrern heute in Paris, keine Siegerehrung.
Vielleicht sollte ich die Geschehnisse der vergangenen Tage besser chronologisch „erzählen“. Mann/Frau kommt ansonsten ja ganz schön durcheinander. Allein an der Tatsache, dass ich mir so eine lange Zeit gelassen habe, um diesen letzten Etappenbericht zu verfassen und ein Gesamt-Resumee zu ziehen, kann man erkennen, wie schwer mir der erneut temporäre Abschied vom Jakobsweg fällt.
Die letzte Klappe fiel am frühen Nachmittag des vergangenen Freitag in Beaune nach insgesamt 377 gelaufenen Kilometern und 16 Tagesetappen.
Stadttor Porte Saint-Nicolas Beaune
Beaune ist übrigens das Zentrum des Weinbaugebietes der Côte de Beaune und voller touristischer Sehenswürdigkeiten.
Stadtzentrum Beaune
Genau das war mein Problem! Die 19 km lange Wanderstrecke, erneut überwiegend durch die Rebstöcke und Weinfelder der Region, hatte mich bei der Stärke der Sonnenstrahlung müde werden lassen. Nach der Einsamkeit des Tages dann mit dem pulsierenden Stadtleben, Kommerz und Konsum konfrontiert zu werden, ist für einen Pilger nur schwer zu verarbeiten.
Was kostet die Welt, Geld spielt keine Rolex!
Man sehnt sich danach, den Staub des Tages aus den Klamotten zu schütteln und diese schnellstmöglich zu wechseln. DAS war in Beaune leider nicht möglich. Pilger-Lonely-Planet, Outdoor Handbuch und sämtliche Portale im World Wide Web konnten da am Vortag schon nicht helfen. Das schmucke Städtchen war zum Wochenende in der überaus angesagten Cote D‘or Weinbauregion ausgebucht! Einmal in Beaune angekommen, hatte ich aufgrund meiner Wahrnehmung und meinem Empfinden auch gar keine Lust mehr nach einer Krippe zu suchen. Einfach bedauernswert, dass eine eigentlich sehr schöne und bedeutende Stadt auf dem Jakobsweg nullkommanull an die Bedürfnisse der Pilger denkt und keinerlei Unterkünfte für diese zur Verfügung stellt.
Glücklicherweise hatte Clotilde, die Mitarbeiterin des Bürgermeisteramts in Ahuy, auf meinen Anruf hin, wieder eine private Übernachtungsmöglichkeit bei Freunden in Dijon für mich ausfindig machen können. Erleichterung pur bei mir, da ich wirklich keine Lust mehr hatte, die Gassen von Beaune in Kir-Royal-Laune weiter zu erkunden. So wanderte ich schnurstracks und schnellstmöglich zum außerhalb der Stadt gelegenen Bahnhof und war schier erlöst als der Trubel vorbei war.
Gare de Beaune
Die noch nicht einmal halbstündige Zugfahrt von Beaune nach Dijon verging wie im „Flug“. All die Örtchen und Hügel der vergangenen zwei Tage bekam ich so noch einmal präsentiert, ohne dass der Schweiß mir erneut von der Stirn laufen sollte.
Das Ticket zum Paradies
In Dijon ging es dann völlig unkompliziert in die Tram Nr. 2
Lila Tram in Dijon
und schwupps stand ich im Norden Dijons vor dem Haus von Michèle und François. Willkommen im Paradies!
Die wunderschöne Terrasse der Familie, der einladende Pool, der blumenüberhäufte, für Naturliebhaber begeisternd große Garten, die sympathische Begrüßung der Gastgeber und zweier anwesender Freunde, das alles und noch viel mehr, waren so wohltuend für mich nach den mich so sehr störenden Touristenschwärmen des frühen Nachmittags in Beaune.
Christiane, François und der Pilger
In Kenntnis meiner „Müller für eine Nacht – Story“ erlaubte sich François einen schelmischen Spaß und zeigte mir die in seinem Haus angeblich für mich zur Verfügung stehende Duschwanne. „Immerhin größer als die vom Müller tatsächlich benutzte verblichene Spülschüssel“ dachte ich beim Anblick der eisernen Wanne.
Körperpflege wie bei Oma früher in Bayern
Die Wirklichkeit sah natürlich ganz anders aus. Ein sehr modernes Gästezimmer mit einer noblen Dusche und einem superbequemen Bett durfte ich am letzten Abend meines Pilgerabenteuers in Frankreich für mich ganz alleine nutzen. Regionale Käsespezialitäten, Biere, Weine und ein wohlschmeckendes Menue rundeten für mich den Besuch ab.
8 Umdrehungen Café-Bier, regionale Spezialität, haut garantiert jeden Pilger um!
Das allein war es aber nicht, was den Tag bei François und Michèle zu einem besonderen Camino-Erlebnis für mich machte. Es waren vielmehr der tiefgründige Austausch über aktuelle Themen der Zeit, Familie, Beruf und darüber hinaus auf englisch, französisch und erfreulicherweise auch auf deutsch 🇩🇪!
Die Zeit im Paradies verging für mich wie im Flug. Neben den bereits geschilderten Dingen hinterließen die vielen wunderschönen Gemälde von François, in den schillerndsten Blautönen, einen besonderen Eindruck auf mich. Ich hoffe, dass François mit der Veröffentlichung eines seiner Werke an dieser Stelle einverstanden ist. 😉
Die Kunst von François, total klasse!
Geschlafen habe ich übrigens wie ein Engel auf der superbequemen Matratze im riesengroßen Bett.
Nach einem mich sehr verwöhnenden Frühstück galt es dann leider wieder Abschied zu nehmen, da meine Zugfahrt über Nancy, Metz nach Luxemburg ja schon um 10:55 Uhr ab „Gare Dijon“ auf dem Programm stand.
Au revoir chère Michèle et cher François. Merci beaucoup pour tout ! À bientôt, j’espère.
Michèle, François, Heiner – Gastgeber und Pilger Selfie
Als ich bereits im Zug nach Nancy saß erhielt ich die „freudige“ Nachricht, dass zwei Zugverbindungen (Bettembourg- Luxembourg u. Luxemburg-Trier) aufgrund von Bauarbeiten durch Schienenersatzverkehr, sprich Busse 🚌, ersetzt werden müssen.
Das schönste bei diesen „Hiobsbotschaften“ war, dass es mich noch nicht einmal elementar störte. Die „unendliche Leichtigkeit des Seins“ war wieder da zum Ende meiner Pilgerreise!
Der Plan, auf dem Weg nach Haus noch eine Übernachtung in Deutschland oder Luxembourg einzuschieben, war allerdings schon vorher in meinem Kopf. Doch jetzt schritt ich nach den angekündigten Verspätungen tatsächlich zur Tat und rief das Klostergästehaus in der Franz-Ludwig-Str. 7 in 54290 Trier an (Tel.: +4965197690, Übernachtung nur für Pilger mit Ausweis; Zimmer/Etagendusche inkl. Beherbergungssteuer: 25,53 €) .
Tatsächlich konnte man mir so kurzfristig noch für den Abend ein Bett reservieren. Was für eine angenehme Überraschung, die am 27.05.2016 in Trier begonnene Wanderung auf dem „Chemin des Allemandes“ endete dann (vorläufig) mit einer Übernachtung an gleicher Stelle. Schon 2016 übernachtete ich in Trier im Klostergästehaus der Schwestern vom Hl. Joseph. Dazwischen lag bedingt durch eine hartnäckige Verletzung am Fuß und C19 eine unfassbar lange Pilger-Auszeit.
Caminopilger im Kloster
Wenig überraschend endete aber auch diese Verlängerung meiner Pilgerzeit in der von der Vergangenheit so sehr geprägten stolzen Stadt Trier und ich bin wieder am Ausgangspunkt meines heutigen Textes gelandet. Köln, Mönchengladbach und dann hoffentlich Kaldenkirchen heißen die Etappenziele der andauernden Zugfahrt. Städte und Orte, die neben dem privaten auch mein berufliches Leben bestimmt haben. Die verbleibenden 10 km zu meiner Heimatgemeinde Brüggen werde ich dann per pedes durch den Grenzwald von Kaldenkirchen bewältigen. Training für das nächste Pilgerabenteuer, wer kann diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt schon beantworten? Ein kurzer Blick in den ungeliebten Outdoor-Wanderführer weist die noch verbliebene Strecke von Beaune bis Le Puy-en-Velay mit 17 Tagesetappen und 387 Kilometern aus. Rein zufällig habe ich auf meinem zurückliegenden Pilgerweg der vergangenen 16 bis 17 Wandertage (einschließlich Prolog) nahezu exakt solch eine Wanderleistung bewältigt. Es wäre doch jammerschade das Pilgerprojekt (Trier – Le Puy) nicht in den nächsten Jahren zu veredeln. Wann genau das stattfindet, das steht noch in den Sternen geschrieben. Nur eins möchte ich nur all zu gerne versprechen.
Wiedervorlage Beaune – Le Puy-en-Velay
Ich werde diesen Weg zu Ende gehen, soweit meine Gesundheit und andere Dinge, auf die wir alle keinen wirklichen Einfluss haben, dieses Vorhaben in Europa zulassen.
Dokumentation Trier – Beaune (2016-2022)16 Felder im Pilgerausweis sind noch frei 😀
Bedanken möchte ich mich zum Schluss bei meinem „Alter Ego“, Herrn Innenmeniskus,
Dehnungsübungen für den Innenmeniskus
dass er bis zum Schlusspfiff in Beaune tatsächlich durchgehalten hat.
Mein weiterer Dank gilt Euch da draußen, Familie, Freunden, Bekannten und Unbekannten, die sich die tägliche Berichterstattung von mir „angetan“ haben. Mein Weg war so sehr einsam in den zahlreichen französischen Departements, dass ich ohne Eure Unterstützung und das Interesse so manche Tiefe mehr auf dem Weg erlebt hätte. Die Wehwehchen, Pleiten und Pannen sind bald vergessen. Was bleibt sind die Menschen am Ende jeden einzelnen Tages, die unbeschreiblichen Erlebnisse, die verrücktesten Übernachtungsplätze, die Kühe, Schmetterlinge, der Jakobsweg und die Stadt Dijon, die ich wirklich in mein Herz aufgenommen habe. J’adore Dijon!
J’adore Dijon!
Buen Camino. Ultreia!
Heiner
Caminopilger im Cote‘D‘or Weinberg
PS: Glaubt dem Menschen kein Wort, er ist und bleibt …
der größte Caminopilger-Schwindler 🥾 aller Zeiten!
Die Bilder der letzten Tage:
Eva aus Nuits-Saint-Gorgeshier geht es langChâteau Corton C.Yellow von Coldplay so ein starker Song! Nic ht wahr?Le VinVier Blumen Stadt BeauneHeilige Früchte in Beaune, frei nach Forough!BeauneGare de DijonGare de NancyBettembourg zum BusGare de LuxembourgLuxemburg ist der Hammer!Trier am TagBitburger, nicht meine zweite Heimat, aber zur Not geht das Bier aus der Eifel auch …Trier in der NachtLeckeres arabisches Essen in der Wunderlampe/Trierlasst mich bitte noch ins Kloster rein, ich weiß, dass es spät geworden ist!Mohnkuchen im Zuch, Pilgerfreund was willst du Meer?Welcome to Deutsche Bahn; auf dem Weg nach Kaldenkirchen!Grenzwald auf dem Fußweg nach HauseDa läuft Mann nach Hause und denkt er wäre immer noch auf dem „Chemin des Allemandes“. Dabei ist es nur der linke Niederrhein. Meine schöne Heimat 🤠!
Den Morgen verbringe ich gerne im Sonnenblumenfeld.
Die Unterkunftssuche stellt den Pilger auf dem Chemin des Allemandes mitunter, wie an dieser Stelle wiederholt aufgezeigt, vor unlösbare Aufgaben. Nach ein paar Wochen hier auf dem Jakobsweg in Frankreich habe ich endlich verstanden wie es besser laufen kann! Die privaten und gewerblichen Anbieter der Unterkünfte besitzen in allen Departements umfangreiche Datensätze und Listen über anderweitig nicht publizierte private Unterkunftsmöglichkeiten entlang des Weges.
Der Datenschutz lässt ein schärferes Foto nicht zu 😈!
Diese „Betten“ sind zwar nicht immer direkt am Weg gelegen, aber auf ein paar hundert Meter kommt es bei den zumeist machbaren Tagesetappen dann auch nicht mehr an. Das schöne an den Listen ist, dass die privaten Unterkünfte sehr häufig von Leuten zur Verfügung gestellt werden, die selbst Pilger sind und gegen „Donativo“ die Übernachtung nur für auf dem Weg befindliche Pilger zur Verfügung stellen. Wenn es schon kaum Herbergen auf dem Weg gibt, dann ist das für mich zumindest immer noch authentischer als „Hotelbesuche“ und passt einwandfrei zum Jakobsweg, da die Gastgeber die müden Pilger in den allermeisten Fällen mit Pilger-Herzblut empfangen. Bisher habe ich jedenfalls beste Erfahrungen mit dieser Art der Übernachtungen machen dürfen. Auffallend ist, dass die meisten Gastgeber die angesprochen Listen, sozusagen den Lonely Planet Übernachtskatalog für Pilger, ungern rausrücken und im Höchstfall einzelne Fragmente in Zettelform dem Pilger mit auf den Weg geben. Ich habe diesen gehüteten Goldschatz mittlerweile von einem der bisherigen Gastgeber dankenswerter Weise vollständig ausgehändigt bekommen und benutze ihn seitdem täglich bei meiner Quartiersuche.
Kennzeichnung des Weges im Cote D‘dor
So landete ich gestern bei Monsieur Sabatier in Marcilly sur Tille und staunte nicht schlecht als ich gegen 17:00 Uhr zum verabredeten Zeitpunkt vor einem abgeschlossenen Tor stand.
Das Tor zum Pilgerglück
Dahinter befand sich ein riesiges parkähnliches Anwesen am Fluss und der historischen Mühlenanlage des Ortes Marcilly-sur-Tille. Mittendrin ein riesiges malerisch gelegenes großes Herrenhaus. Beim Anblick dieser kinowürdigen Kulisse lief der Spielfilm in meinem Kopf schon ab. Wasserhähne aus Gold, Entmüdungsbecken für Pilger, eisgekühlter Burgunder am Pool und Barbecue. Man da habe ich heute ja das ganz große Los gezogen! Nach kurzer Zeit kam Herr Monsieur zum Tor, öffnete es aus der Ferne mit ner Funkverbung, und begrüßte mich freundlich auf seinem Anwesen. Als ich in freudiger Erwartung in Richtung des feudalen Herrenhauses gehen wollte, zeigte er überraschenderweise mit einer eindeutigen Handbewegung in die andere Richtung, also wieder vom Anwesen weg auf die Straße. Was soll das denn geben, dachte ich leise vor mich hin, zumindest leicht irritiert in diesem wieder zuhöchst bühnenreifen Moment. Ich hatte mich doch schon so sehr auf das Pilgerluxusleben eingestellt… . Der weitere Weg war dann zumindest nicht weit, genau gesagt waren es lediglich 10 Meter. Das Anwesen von Monsieur Sabatier ist unter anderem von der historischen Mühlenanlage eingegrenzt, die wohl offensichtlich auch noch zu seinem Anwesen zählt.
Müllers Mühle
Zugleich öffnete er das erste erreichbare Schloß und schwupps standen wir vor einem niedlich hellen historischen Häuschen.
mein Mühlenreich
„Voila“, dies war also meine puristische Übernachtung. Das historische Haus des Müllers, der erschöpft von der harten Arbeit in vergangenen Zeiten nicht all zu weit von der Mühle wohnen sollte um quasi ständig verfügbar zu sein. Genau genommen zählt das Knusperhäuschen damit zur Mühlenanlage. Monsieur erklärte mir mit einem besonderen Schalk im Nacken, dass ich für eine Nacht in die Rolle des Müllers schlüpfen würde.
1 Mühlen-Mann-Albergue
Mir gefiel das Szenario, dennoch war ich mir irgendwie nicht sicher, ob der Müller in früheren Jahrhunderten eine Dusche und ne Toilette kannte. Damit lag ich mal zu 100 Prozent richtig, die Toilette war 50 Meter entfernt in einem Schuppen des Nachbargebäudes untergebracht. Um diese zu benutzen wurden mir sage und schreibe drei Schlüssel ausgehändigt. Auf meine ergänzende Frage nach der Duschmöglichkeit, zeigte Monsier mit einem breiten Grinsen auf eine im Haus befindliche verblichene gelbliche Plastikschüssel mittlerer Spülgröße.
Mann achte auf die Spül-/Duschschüssel
Anschließend begutachtete er gemeinsam mit mir die Stelle am Fluß, wo ich mich zur Körperpflege unbeobachtet entkleiden könne.
Duschplatz am Fluss
Ich nahm alles mit ner großen Prise Humor und sagte zu ihm, dass es in Indien am Ganges genauso sei. Willkommen im naturverbundenen puristischen Pilgerleben! Ich tat, wie mir beFOHLEN wurde und machte mich am Fluss nackig. Herrlich! Das Pilgermenue stellte ich mir im örtlichen Einkaufsmarkt zusammen, da die Restaurants vort Ort ( Achtung: running gag) geschlossen hatten.
Des Müllers Abendmahl in der Mühle
Geschlafen habe ich übrigens herrlich als Müller für eine Nacht. Am heutigen Morgen brachte Monsieur mir gegen 07:00 Uhr dankenswerterweise frisch gebrühten Kaffee zum Müllershaus, setze den Tampon (deutsch: Stempel) in meinen Pilgerausweis und ich war 10 Minuten später wieder auf meinem Weg, ohne auch einen weiteren Blick vom Herrenhaus im Park während meines gesamten Aufenthalts erhascht zu haben. So ist eben das harte Leben eines Müllers!
Der Müller und sein Chef
Die heutige Tagesetappe nach Ahuy war insgesamt betrachtet eine staubtrockene und menschenleere Angelegenheit deren Höhepunkte zum einen eine zum 2ten Frühstück verzehrte leckere, mit Carte D‘or Schokolade und Bourbonne Vanillepudding gefüllte, Schnecke 🐌 und ein geniales Mittagsmenue in Messigny-en Vantoux waren.
so schaut es aus wenn ich nach unten gucke
Glücklicherweise hatten die Streckenplaner wieder ein Einsehen mit mir im Glutofen. Den kerzengeraden, langen und smarten Aufstieg nach Ahuy konnte ich im schattigen Wald gut meistern. Mein Lonely Pilger Planet Führer hat mir heute eine Übernachtung bei dem vitalen 83 jährigen Daniel geschenkt. Von ihm werde ich morgen an gewohnter Stelle ein bisschen mehr erzählen.
Es lebe der Camino.
Ahuy!
Der Caminopilger
Die Bilder des Tages:
WüstenblumenPilgerziel ist …Cote D‘or Schnecke 🐌 ist das Mittagsmenue wirklich ne gute Entscheidung? Aber… Siesta muss sein.auf dem Weg zum feudalen Mittagsmenueder Blick zurück auf den gegangenen Wegschönes Haus auf dem WegWeinstöcke 🍷 im BurgundFriends will be Friends, oder was wäre ich ohne die Kühe auf dem Weg!bescheidenes PilgermahlDurch den Wald nach Ahuybei Daniel angekommenund die tägliche Pilgerwäsche ist auch schon erledigt 🤠Der Caminopilger ist noch 3 Tage auf dem Weg.